Im Kreislauf der Natur

Nachhaltigkeit beginnt im eigenen Zuhause: Die Lindauer AG aus Steinen setzt mit leimfreien Massivholzküchen und Möbeln auf ein Wohnen im Einklang mit der Natur. Für Roger Lindauer eine Herzensangelegenheit.

Roger Lindauer, Lindauer AG

Wenn Roger Lindauer aus dem Showroom seiner Firma schaut, blickt er auf vier Jahre Arbeit. Mit dem «Energieturm», der gut 100 Meter vom Firmengebäude entfernt steht, hat er ein wegweisendes Projekt zur Nutzung erneuerbarer Energien realisiert. Bei dem markanten Turm handelt es sich um ein Blockheizkraftwerk, das aus den Holzabfällen der Lindauer AG Strom und Wärme produziert. «Klingt simpel, ist aber recht komplex», betont Lindauer. So müssen zum Beispiel die Holzschnitzel exakt die richtige Grösse und Feuchtigkeit haben, um effizient verbrannt zu werden. Doch es funktioniert: Seit Herbst 2024 läuft der Energieturm. Obwohl Roger Lindauer unzählig viele (Über-)Stunden in das Projekt investierte, hat er den Entscheid nie bereut. «Ich bin Unternehmer – ich will Dinge nicht unterlassen, sondern unternehmen.»

Das Blockheizkraftwerk deckt in den sechs Wintermonaten zu 90 bis 100 Prozent den Strombedarf der Lindauer AG ab – rund 170 000 bis 180 000 Kilowattstunden proJahr. Die dabei entstehende Wärme wird zur Beheizung von Gebäuden der umliegenden Betriebe und zur Holztrocknung genutzt. Ergänzt wird das Konzept durch einen «Secondlife »-Tagesspeicher, der Batterien aus dem Mobilitätsbereich stationär weiterverwendet. «Dadurch entsteht ein ganzheitlicher Energiekreislauf, der die Ressourcen optimal nutzt», erklärt der Inhaber und Geschäftsführer der Lindauer AG.

Nachhaltigkeit als Lebensphilosophie

Dass Roger Lindauer Projekte wie seinen Energieturm mit Leidenschaft umsetzt, ist kein Zufall. Nachhaltigkeit beschäftigt ihn schon seit seiner Jugend: «Ich erinnere mich gut, wie ich mir als Teenager Gedanken über das Ozonloch machte und dachte: ‹Es kann doch nicht sein, dass es nur zwei oder drei Generationen braucht, um die Erde nachhaltig zu schädigen.›» An dieser Grundeinstellung hat sich bis heute nichts verändert.

Mittlerweile setzt der Unternehmer seine Überzeugung in seinem Familienbetrieb um. Seit über zwanzig Jahren produziert die Lindauer AG Möbel und Küchen aus Massivholz – ohne Leim. Das Holz stammt aus der Region und wird mit eigens entwickelten, patentierten Holzverbindungen verarbeitet. So wird zum Beispiel die Küchenfront ganz einfach wie ein Puzzle zusammengesteckt. Wichtig ist Lindauer auch, dass seine Produkte erschwinglich bleiben. «Nachhaltigkeit bringt nur etwas, wenn sie auch bezahlbar bleibt.» Der Erfolg gibt Lindauer recht – das Interesse an den Küchen und Möbeln aus Steinen ist gross: Zurzeit produziert Lindauer 155 Massivholzküchen für eine Wohnbaugenossenschaft in Zürich – und selbst in Deutschland werden die Küchen aus der Innerschweiz verbaut.

Preisgekröntes Design: Das REGAL 001 der Lindauer AG ist ein modulares Möbelstück aus unbehandeltem Eschenholz, das ohne Leim oder Metall auskommt. Dank einer patentierten Holzverbindung lässt es sich werkzeuglos aufbauen und flexibel anpassen. Für dieses innovative Design wurde die Lindauer AG mit dem Prix Lignum 2021 in der Kategorie Sonderpreis Schreiner ausgezeichnet. Der renommierte Preis wird alle drei Jahre an die besten Schweizer Leistungen mit Holz verliehen.

Sonnenstrom und nachhaltige Mobilität

Neben dem Energieturm und der nachhaltigen Produktion setzt die Lindauer AG auch in anderen Bereichen auf Innovationen: Schon 2011 wurde die erste Solaranlage auf dem Dach installiert, seither wurde sie stetig ausgebaut. Mittlerweile produziert der Betrieb nur mit Sonnenenergie und eigenen Holzabfällen das Dreifache des eigenen Wärme- und Strombedarfs. Nachhaltig unterwegs ist die Firma auch in Sachen Mobilität: Für ihre Kunden- und Baustellentermine stehen den Mitarbeitenden fünf Elektrofahrzeuge mit eigenem Solarstrom und zwei weitere mit Biogas zur Verfügung. Roger Lindauer plant, die Ladeinfrastruktur für Elektrofahrzeuge weiter auszubauen und langfristig die gesamte Fahrzeugflotte auf nachhaltige Antriebe umzustellen. Und auch das Personal selbst trägt seinen Teil zur Nachhaltigkeitsstrategie bei: Das Projekt «Pedal Go» belohnt sie für das Fahrradfahren zur Arbeit mit digitalen «PedalCoins», die sich auf den Lohn auswirken.

Bäume statt Parkplätze

Ungebrochen gross ist Roger Lindauers Faszination für den «genialen Rohstoff» Holz: «Es wächst im Wald, bindet CO2 und kann am Ende seines Lebenszyklus verbrannt werden, um Energie zu erzeugen.» Entscheidend sei, dass das Holz ohne synthetische Klebstoffe verarbeitet wird – «nur dann kann es vollständig in den natürlichen Kreislauf zurückgeführt werden». Um seinen wichtigsten Rohstoff langfristig zu sichern, verfolgt das Unternehmen eine aussergewöhnliche Strategie: Wo früher Parkplätze der Lindauer AG waren, wachsen heute 2 500 junge Bäume in Hochbeeten. «Jeder ausgewachsene Baum bindet bis zu dreissig Tonnen CO2», erklärt Roger Lindauer. Gepflanzt werden ausschliesslich heimische Holzarten, die in Zusammenarbeit mit der Forstbaumschule Aschwanden kultiviert werden.

Initiativen wie diese zeigen, dass nachhaltiges Handeln nicht bei der Produktion endet, sondern weit darüber hinausgeht. Der langfristige Ansatz sichert nicht nur den Nachschub an Holz, sondern trägt aktiv zur Verbesserung der Umweltbilanz des Unternehmens bei. Roger Lindauer plant deshalb, diese Idee weiter auszubauen und noch mehr Unternehmen und Kommunen für ähnliche Projekte zu gewinnen. Er ist überzeugt: «Die Vernetzung nachhaltiger Ansätze ist entscheidend, wenn wir langfristig erfolgreich sein wollen.»

Visionen für die Zukunft

Nach den intensiven Jahren des Energieturm-Projekts richtet der umtriebige Geschäftsführer seinen Blick nun auf neue Herausforderungen: «Als Nächstes möchte ich mich wieder vermehrt auf die Optimierung unserer Produktionsprozesse der konventionellen sowie der Massivholzküchen konzentrieren.» Er sieht grosses Potenzial in der digitalen Vernetzung der Holzverarbeitung: «Durch präzisere Fertigungstechnologien können wir nicht nur effizienter produzieren, sondern auch noch nachhaltiger mit unseren Ressourcen umgehen.» Inspiration holt sich Roger Lindauer übrigens in der Natur, zum Beispiel beim Wandern. Nachhaltige Innovationen entstehen somit nicht nur in der Werkstatt, sondern oft genau dort, wo die Ressourcen wachsen, die sein Unternehmen antreiben: im Wald.

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